8. Dezember

 

St. Andrew’s Bay, Godthul, Grytviken, Südgeorgien, Wetter schön, See ruhig

 

Heute Morgen werden wir um 4.30 Uhr geweckt um eine ganz besondere Anlandung in der St. Andrews Bay zu machen, niemand von uns will sich das ergehen lassen. Diese Bucht ist das Kronjuwel in der Krone von Südgeorgien. Der Strand, der in jeder Dokumentation über die Antarktis vorkommt, ist unser Ziel für den heutigen frühen Vormittag. St. Andrews Bay beherbergt im Sommer 200 000 bis 300 000 Königspinguin-Brutpaare, rechnet man Küken und Nicht-Brüter hinzu könnten es 800 000 bis 900 000 Tiere sein. Unser Expeditionsteam bot uns eine Anlandung an und/oder auch eine Zodiac - Ausfahrt um das massige Tierleben vom Meer aus zu beobachten. Zwar ist der Himmel etwas wolkenverhangen und ein leichter kühler Wind kommt vom Gletscher, aber das Meer ist ruhig, nur ein paar müde Wellen schwappen an den sonst für seine Brecher berüchtigten Strand. Wir landen in der Nähe von Clark Point am nördlichen Ende des Strandes und bahnen uns einen Weg durch die Reihen von Königspinguine und verwaisten See-Elefanten Babies. Diese zutraulichen Jungtiere entzücken uns besonders, mit ihren großen Kulleraugen und lustigen Grunzlauten. Ein paar ältere See-Elefantenbullen kann man entlang des Strandes entdecken, ein besonders dickes Exemplar, vermutlich ein Alpha-Männchen, schläft im Sand, wir halten respektvollen Abstand. Freundlichere Gesellen sind die Königspinguine, die am Strand um einen Partner werben. In kleineren Gruppen waddeln sie umher und versuchen einander zu beeindrucken. Zum Glück für uns sind sie sehr neugierig und kommen nahe heran um uns, diese komischen farbigen Pinguine, genau unter die Lupe zu nehmen. Der von unseren Guides mit Fahnen markierte Weg führt uns entlang eines Flusses mit unzähligen Königspinguinen bei der Mauser. Etwas zerrupft stehen sie halb im Wasser um sich zu kühlen, die Tiere sind sehr verletzlich in dieser Zeit. Leider ist der Fluss zu tief, um ihn überqueren zu können. Daher bleibt uns ein Blick auf die große Königspinguinkolonie verwehrt. Wir wandern weiter bis wir einen kleinen See erreichen, der von den Königspinguinen rege als Badeteich genutzt wird. Die Pinguine haben sichtlich Spaß beim Baden, planschen und rollen sich im Wasser um sich später ausführlich ihrer Gefiederpflege zu widmen.

 

Nach einem herzhaften Frühstück am Schiff wird unser Vormittagsprogramm fortgesetzt. Die Plancius fährt wieder ein Stück zurück nach Westen, um in Godthul zu ankern. Diese Bucht hat steile Tussockgrashänge, die in Geröllschutthalden und zerklüfteten Bergrücken enden. Das Wetter hätte nicht besser sein können, strahlender Sonnenschein, tropische Temperaturen und ein Meer so glatt dass sich die Berge darin spiegeln. Wieder wird uns eine Zodiacfahrt angeboten für die „Gemütlichen“ und auch zwei Wanderungen. Nur einige wenige Pelzrobben sind versteckt im Tussockgras, daher fällt es unseren Guides leichter, einen guten Weg mit Flaggen zu markieren. Dennoch ist der Aufstieg beschwerlich, da wir viel zu dick eingepackt sind und schwitzen, wer kann das schon ahnen, dass es tropische Temperaturen haben kann in Südgeorgien? Die langen Wanderer erklimmen einen Berg und geniessen eine wunderbare Aussicht, während die mittleren Wanderer die Eselspinguinkolonie und einen kleinen See besuchen. Manche der Pinguine haben bereits ein bis zwei Küken, die sie füttern. Andere sitzen geduldig auf ihren Eiern und brüten. Sichtlich ist es auch den Eselspinguinen zu heiß, viele hecheln und strecken ihre Flügel vom Körper weg. Nicht weit entfernt im Gras warten auch einige Riesensturmvögel auf Nachwuchs. Opportunistisch wie immer kreisen Raubmöwen über der Kolonie, um jede Unachtsamkeit der Elterntiere grausam zu bestrafen.

 

Das Schicksal schlägt jedoch grausam zu an diesem wunderschönen Tag. Denn nach dem Mittagessen werden wir über den Unfall einer Mitreisenden informiert (Sturz mit Beinbruch), was den weiteren Verlauf unserer Reise verändert. Trotzdem steuern wir zwischenzeitlich Grytviken an, um die Formalitäten und den Unfallhergang den Behörden zu melden. Die alte Walfangstation Grytviken wurde vom berühmten norwegischen Kapitän Carl Anton Larsen im Jahre 1904 gegründet. Nun ist die Station eine rostende Geistersiedlung mit einem alten brüchigen Holzpier und leckgeschlagenen Fangbooten. Wir landen direkt vor dem Friedhof an, wo viele norwegische Walfänger und Ernest Shackleton begraben liegen. Ein Besuch am Grab ist Tradition, der auch wir trotz der schlechten Nachrichten folgen. Danach besichtigen wir die Walfangstation, die Kirche und die Bibliothek. Der Ort ist gespickt mit Seeelefantenbabies. Ganz zum Schluss sahen wir noch ein 20-Minuten-altes Pelzrobben-Baby. Einer der Guides (Alain) war dabei, als es das Licht der Welt erblickte.

 

Da wir aufgrund des medizinischen Notfalls zurück nach Stanley fahren müssen, lichten wir unseren Anker und unser Expeditionsleiter Sebastian informiert in einem Treffen, dass die Reise keineswegs vorbei ist und wir immer noch nach der Evakuierung der Patientin in Richtung Antarktis fahren werden und auch alles daran setzen, rechtzeitig dorthin zu kommen. Etwas beruhigter, sowohl in Bezug auf Patientin wie auch unseren Reiseverlauf geniessen wir das herrliche Essen, während unsere Plancius mit voller Kraft nach Westen fährt.

 

St. Andrew's Bay - Königspinguine, See-Elefanten und ein paar Pelzrobben

 

 

Zwischenstopp auf dem Schiff

 

 

Weiter geht's nach Godthul - Eselspinguine besuchen

 

 

Grytviken